Auf dem ehemaligen Messeplatz-Spielplatz herrscht jetzt Svantovit

Auf dem ehemaligen Messeplatz-Spielplatz herrscht jetzt Svantovit

Neubrandenburg ist die Stadt der Spielplätze- Schweineohr, Dumbo am Friedländer Tor oder unser Verkehrsgarten sind und waren legendär, sind in den Kindheitserinnerungen vieler Neubrandenburger fest verankert. Die meisten Spielplätze entstammen einer Epoche, in der die kinderreiche Bezirksstadt Neubrandenburg die jüngste Stadt der DDR war.

Der Spielplatz am Messeplatz hat eine lange Tradition. In den anliegenden Messehallen wurde früher Sport getrieben und so mancher Flohmarkt abgehalten. Daneben, umgeben von Haselnusssträuchern und großen Bäumen, stand damals eine hölzerne Palisadenburg mit einem großen Turm, auf der sich vortrefflich Räuber, Gendarm, Indianer, Cowboy, Ritter, Abwerfball oder verstecken spielen ließ. Wenn sich ein schöner Sommertag ankündigte, dann ging es im Hort an den Strand und danach noch eine Stunde auf diesen schönen Spielplatz. Besonders zu den Pressefesten der „Freien Erde“ oder zum Pfingstfest tobten sich hier viele Kinder aus. Das Warten auf den nächsten Ausflugsdampfer fiel auch nie schwer- es gab ja diesen Ort der Phantasie.

Mit dem Ende der Deutschen Teilung und den geburtenschwachen Jahrgängen verfiel der Spielplatz am Messeplatz und führte im dunklen Kulturparkblätterwald ein Schattendasein. Das einst junge Neubrandenburg wird nunmehr gefühlt durch eine Überzahl von Rollatoren beherrscht. Doch manchmal begleiten Enkel die Rollatorenfahrer – es geht gemeinsam zum Messeplatz. Kamel, Fliegenpilz, Wippe und Stier hatten stets ihre treuen Fans. Ob ein Spielplatz gerne und viel von unseren Kindern bespielt wird, entscheidet einzig und alleine die Phantasie der Nutzer im Umgang mit den Spielgeräten. Hinzu kommen Lage, Erreichbarkeit und das gesamte Umfeld.

Mit der Neugestaltung des Kulturparkes wurden aus dem Topf des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung frische Fördergelder in den Spielplatz am Messeplatz investiert. Ende September 2020 begann die Demontage der alten Spielgeräte.

Ein großes Baustellenschild verkündete, dass hier im Dezember 2020 ein neuer Spielplatz stehen würde… Neubrandenburg gilt zwar als Stadt des Sportes, doch diese „sportliche“ Verlautbarung hatte vermutlich wohl eher den Hintergrund, alle Fördergeldansprüche – immerhin 220.000€ – termingerecht zu erfüllen. Die Umgestaltung des Spielplatzes kostete insgesamt 330.000€ . Neubrandenburg zahlte aus eigener Tasche für den Spielplatz 100.000 € dazu. Dieses Geld wurde zielgerichtet ausgegeben und kommt wirklich allen Bürgern und Kindern der Stadt Neubrandenburg zu Gute.

Mit diesen großen Summen wurde nicht nicht gekleckert, sondern ordentlich geklotzt: Ein Trimm-Dich-Pfad für alle Altersgruppen mit insgesamt 9 wetterfesten Edelstahl-Geräten, spornt selbst unsportlichen Menschen an. Damit auch gar nichts schief geht, wurden vor den jeweiligen Geräten Schaubilder installiert. Mach mit, mach‘s nach, mach‘s besser- Adi (Gerhard Adolph) würde sich freuen!

Zentrales Spielplatz-Heiligtum ist der mit einer Mosaikkrone geschmückte slawische Gott Svantovit. Der Spielplatz entführt den Nutzer in die Zeit des slawischen Göttertempels Rethra und greift Motive, wie die auf der Fischerinsel ausgegrabene Götzenfigur und die Prillwitzer Idole auf.

Das Kunstwerk ohne Gleichen wurde von der bekannten Mosaikkünstlerin Jana Wolf  geschaffen. Die sympathische Frau werkelte bei jedem Wetter und bezog die späteren Nutzer des Spielplatzes aktiv in Ihre Arbeit ein: 8-Jährige wurden zum Probeklettern auf den Rohbau eingeladen. So flossen Größenverhältnisse und die Bedürfnisse der Kleinsten in manche Bauwerksänderung ein. Trotz Corona-Einschränkungen organisierte Jana Wolf einen Workshop (vom 22.3.-16.4.2021) für Jugendliche – vom Museumsbesuch, über Metallbearbeitung, Betonarbeiten, Malerarbeiten bis hin zu kreativen Kunstarbeiten eine äußerst vielschichtige Angelegenheit. So konnten Jugendliche und Teilnehmer ihre eigenen Fertigkeiten entdecken und verborgene Talente in sich wecken. Eine feinfühlige Idee von Jana Wolf, zumal Jugendliche es nicht zulassen werden, dass ihre Ideen und ihre eigene Arbeit durch Vandalismus zerstört wird. Unbedingt muss erwähnt werden, dass es auf die individuellen Beton- Spielgeräte 5 Jahre Gewährleistung gibt.

Zum Spielplatzbau trugen auch Landschaftsbauer, Dachdecker und Metallbaufirmen bei. Während der mehrmonatigen Bauarbeiten kamen immer wieder erwachsene Spaziergänger mit ihren Kindern und guckten in Vorfreude auf den Platz. Sie stellten an Jana Wolf immer eine Menge Fragen durch den Zaun. Erstaunlich: Frau Wolf hatte immer ein offenes Ohr, beantwortete wirklich jede Frage und faszinierte damit alle Zuhörer. So stieg die Spannung ins Unermessliche und die Eröffnung des Spielplatzes wurde herbei gesehnt.

Endlich, am 7.5.2021, war es dann so weit. Gegen 09:30 Uhr ebneten die Männer vom Tollense-Gala-Bau mit ihrem Radlader die letzten Flächen und verluden anschließend das blaue Bauklo auf einen LKW.

Gegen 13:50 Uhr kam Oberbürgermeister Silvio Witt CO2-neutral mit dem Damenfahrrad angerollt. Einige Bürger und Kinder erwarteten ihn, denn jeder wollte die neuen Spielgeräte ausprobieren. Pünktlich um 14:00 eröffnete Oberbürgermeister Witt mit einer kleinen Rede den Spielplatz. Der Messe-Spielplatz, so antwortete der Oberbürgermeister auf Nachfrage, wird noch 3 Mülleimer und ausreichend Fahrradständer erhalten.

Schade dass ein großes Publikum mit vielen Kindern wegen strenger Corona-Verordnungen verboten war. Künstler, Bauarbeiter und Architekten hätten eine feierliche Eröffnung mit einem großen Publikum verdient! Dafür waren zum regulär nicht öffentlichen Eröffnungstermin Presse, NDR-Radio und der lokale Fernsehsender NeuEins erschienen – sie werden sicher der breiten Öffentlichkeit über den neuen Spielplatz berichten.

Das alte Kamel und der betagte Stier stehen nun in einer großen Lagerhalle des Bauhofes Neubrandenburg. Sie sind dort nicht die einzigen Spieltiere bzw. Klettergerüste und werden nicht vergessen- irgendwann, frisch gestrichen und mit einer guten Idee, wird der kleine Zoo einen neuen Neubrandenburger Spielplatz schmücken.

Wie früher wächst auf dem Messe-Spielplatz gelber Löwenzahn im Gras – der große Rest ist und war auf diesem Spielplatz unsere Phantasie.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. René Langner

    Guten Tag, ich interessiere mich für den Verbleib der Metall Klettergerüste, da iceine Rückmeldungh eine grafische Sammlung von Klettergerüsten in der ehemaligen DDR anlege. Können Sie mir in Bezug auf den Verbleib des Stiers und des Kamels, eventuell Ansprechpartner*innen vermitteln bzw. die Kontaktdaten des im Artikel erwähnten Bauhofes in Neubrandenburg? Ich danke im Voraus für eine Rückmeldung. Mehr zur Sammlung auf http://www.geruestederrepublik.de

  2. René Langner

    Guten Tag, ich interessiere mich für den Verbleib der Metall Klettergerüste, da iceine Rückmeldungh eine grafische Sammlung von Klettergerüsten in der ehemaligen DDR anlege. Können Sie mir in Bezug auf den Verbleib des Stiers und des Kamels, eventuell Ansprechpartner*innen vermitteln bzw. die Kontaktdaten des im Artikel erwähnten Bauhofes in Neubrandenburg? Ich danke im Voraus für eine Rückmeldung. Mehr zur Sammlung auf http://www.geruestederrepublik.de

    1. Rudi

      Hallo Herr Langner,
      nähere Infos finden Sie auf der offiziellen Seite der Stadt Neubrandenburg. Ein zusätzliches Kamel steht, so glaube ich, noch auf dem Spielplatz Augustabad (am Tollensesee)… ich gucke mal, ob ich noch ein aktuelles Foto dazu finde. Der Spielplatz Augustabad wurde erneuert, jedoch dabei das DDR- Klettergerüst beibehalten.

      https://www.neubrandenburg.de/Politik-Verwaltung/Presse/Pressemitteilungen/index.php?object=tx,3330.1&ModID=9&FID=2751.579.1&NavID=2751.22.1

      Ihre Gerüsterepublikseite ist übrigens sehr interressant.

      Viele Grüße aus Neubrandenburg
      Rüdiger Dec

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