Im resonanzraum der Natur
Auf dem Naturlehrpfad rund um Nonnenhof
Wir fahren mit unserem Auto bis zur Badestelle Nonnenhof. Der Plattenweg zum See ist eine Zumutung für Material und Rücken- wir sollten wirklich sehr langsam fahren! In Nonnenhof besichtigen wir als erstes den Badestrand und gehen auf den Schiffsanleger. Vom Brückenkopf genießen wir ein herrliches Panorama über den gesamten Tollensesee. Nonnenhof gehört zu den ältesten Vogelschutzgebieten Deutschlands. Vogelliebhaber erstarren ehrfürchtig: Hier, am Ende des Tollensesees, tummeln sich je nach Jahreszeit verschiedenste Vogelarten in teilweise riesigen Schwärmen. Früher, als auf dem Tollensesee noch 3 Fahrgastschiffe unterwegs waren, befand sich in Nonnenhof ein sehr beliebtes Ausflugslokal der Neubrandenburger. Von Frauentagsfeier über Betriebsfest bis hin zur Geburtstagsparty ging hier so manches Mal die Post ab. Gerne hätten verschiedene Investoren diesen Gaststättenbetrieb weiter geführt. Doch hohe Naturschutzauflagen, Straßen-& Brückenbaukosten verhinderten bisherige Investitionen. Die einzigartige Natur rief Gegner von Tourismus und Fahrgastschiffahrt auf den Plan: Sie wollten den Fahrgastanleger zurückbauen und nur noch Natur ohne Menschen zulassen. Letzt endlich fehlten jedoch gewichtige Argumente, denn ein Großteil der Segler und Wanderer versammelte sich am 3.6.2012 aus Protest auf dem Fahrgastanleger Nonnenhof. Plötzlich versammelten sich mehr als 180 Personen zum Belastungstest auf dem angeblich ach so baufälligen Fahrgastanleger. Die Behörden kapitulierten schließlich vor diesem Praxistest. Nach den heftigen Bürgerprotesten verlautbarten am 02.Juli 2012 das Staatliche Amt für Natur und Landwirtschaft und die Stadt Neubrandenburg: Der Anleger Nonnenhof wird nicht zurückgebaut. Dennoch vermissen viele Neubrandenburger die ehemalige Gaststätte Nonnenhof, denn die immer schärferen Naturschutzauflagen verursachten den Ruin. Auch ein Plan der Tollensefischer, hier eine gastliche Rotunde zu errichten, scheiterte bisher an unzumutbaren finanziellen und baulichen Vorgaben, z. B. Straßenbau (der Plattenweg!) und Brückenbaukosten sollten vom Investror getragen werden. So verkam der Gasthof Nonnenhof zur Ruine und wurde schließlich abgerissen. Der Strand und die anliegende Wiese vor der ehemaligen Gaststätte wachsen über die Jahre immer mehr zu. Schauen wir auf die Uhr, so haben wir am Strand und auf der Brücke zu viel Zeit verbracht- also los! Vom Parkplatz führt der Pfad direkt auf der Uferabbruchkante in unvermutete Höhen. Aus dem Schilfgürtel ertönen Schnatter- & Quak- Geräusche, ein Specht bearbeitet einen toten Baum. Besonders im Herbst entfaltet der Laubwald ein zauberhaftes Farbspektrum- wir werden eins mit der Natur. An vielen Bäumen hängen Schilder, so dass am Ende der Wanderung ein jeder von uns zum Baumexperten mutiert. Wir gelangen an den “Sportbothafen“ der ehemaligen Landwirtschaftsschule und rasten einen Augenblick im Sonnenschein auf der Naturwiese. Nun geht es über verschiedene kleine Brückenbauten entlang. Am Ufersaum entdecken wir kleine Bungalows mit dazugehörigen Bootsstegen- ja so etwas hätte jeder gerne. Doch solch Kleinode sind für kein Geld der Welt mehr zu haben! Vor einer eingezäunten Baracke macht unser Wanderweg einen 90 Grad- Knick. Wir gelangen entlang einer Pferdekoppel zum Hotel Bornmühle. Das Hotel hat einen sehr guten kulinarischen Ruf und ist deutschlandweit auch wegen seiner behaglich und sportlich- modernen Gastlichkeit bekannt. Spa, Kochstudio und Golfplatz runden den herrlichen Zimmerblick auf die Naturlandschaft Tollensesee ab. Spannend ist auch das Konzept der nächst folgenden Hotelier-Generation. Alles ist vom Feinsten, erwarten Sie jedoch keinen überkandierten Luxus mit goldenen Wasserhähnen. Luxuriös das sind im Hotel Bornmühle Ruhe, Zeit und Platz im Einklang mit der Natur. Nicht jeder Mensch kann sich hier einen Urlaub leisten, denn ein großes Manko ist wie überall auf der ganzen Welt das liebe Geld. So möchte ich nochmals den Bogen zum Anleger Nonnenhof schlagen. Zum Abrisskonzept Nonnenhof, so munkelte man, gehörte auch ein Steg-Neubau für das Hotel Bornmühle. Auch dieser geplante Neubau, ob nun mit Fördergeldern oder durch private Gönner finanziert, scheiterte bisher an den strengen Naturschutzauflagen. Kritiker behaupten: Die Stadt Neubrandenburg, Naturschutzbehörden und die umliegenden Gemeinden schaffen durch ihre Verhinderungsstrategieen und Kompetenzstreitigkeiten entlang des Tollensesees touristische Brachen. An diesem konkreten Beispiel wird sichtbar, dass um den gesamten See ein touristisches Entwicklungskonzept fehlt. Am Mühlenteich der ehemaligen Bornmühle hüpfen Eichhörnchen von Baum zu Baum. In der Bungalowsiedlung verlassen wir den Tollenseseeradrundweg und folgen dem ausgeschilderten Weg den Berg hinauf. Wir gelangen in eine völlig andere Welt, die von reissenden Bächen geformt wurde. Dann treten wir ins Licht und erreichen an einer Schutzhütte erneut den Tollenseseeradrundweg. Erklimmen Sie an dieser Stelle den Berg und genießen den herrlichen Landschaftsblick! Wenn wir nicht schon im Hotel Bornmühle pausiert haben, dann ist hier der ideale Ort für ein ausgedehntes Picknick. Zurück geht es nun über den Tollenseseeradrundweg bis zur Baracke hinter dem Hotel Bornmühle. Hier folgen wir allerdings nicht dem Naturlehrpfad, sondern wir wandern den Weg am Zaun entlang, immer gerade aus! Kenner der Materie vermuten richtig: Hinter dem militärisch anmutenden Zaun verbirgt sich im Verborgenen ein Bunker aus DDR- Zeiten. Bald lichtet sich der Wald und hoch oben erblicken wir die Häuser und Gehöfte am Tollenseheim. Wir kraxeln an alten Obstbäumen, Schafen und Ziegen bis zur ehemaligen Landwirtschaftsschule empor. Hier wurde Landwirtschaft praktisch studiert… wo gibt es eigentlich heute Universitäten, in denen die Studenten während der Vorlesung für ¼ Stunde entschwinden können, um das erlernte mit Hacke und Spaten auf anliegenden Äckern zu ergründen? In Nonnenhof gab es das. Die Landwirtschaftsschule wurde 20xx? nach Güstrow verlegt und scheint nun das selbe Schicksal zu ereilen, wie das stolze Ausflugslokal Nonnenhof. Traurig verblasst das letzte sozialistische Giebelbild am riesigen Gebäude. Nun wandern wir die Straße bis zum Plattenweg und beobachten dabei die Geschehnisse auf dem Golfplatz. Wir wandern an der neu entstandenen Ferienhaussiedlung zum Tollensesee hinab und beenden nach rund 7 Kilometern mit vielen neuen Eindrücken unsere Reise. Diese Wanderung gehört zu den schönsten und eindrucksvollsten Wanderungen im Raum von Neubrandenburg, zu jeder Jahreszeit. Da mitunter schwierige Passagen zu bewältigen sind, sollten Sie gute Wanderschuhe anziehen und körperlich fit sein.